Die Hitlerjugend
Unmittelbar nach der NS-Machtübernahme erhob die 1926 gegründete Hitlerjugend den An
spruch, die einzige Jugendorganisation im Deutschen Reich zu sein. Nach bescheidenen Anfängen
stieg ihre Mitgliederzahl von reichsweit rund 100 00 im Jahr 1932 auf mehr als 8,7 Millionen Jugend
liche im Jahr 1939. Im Dezember 1936 wurde die zuvor zumindest formell freiwillige Mitgliedschaft
verbindlich, im März 1939 dann vorgeschrieben, sodass nahezu alle Jugendlichen der Hitlerjugend
angehörten.
Hier wurden sie nach Alter und Geschlecht getrennt in gesonderten Formationen erfasst. Im
Deutschen Jungvolk und im Jungmädelbund waren die 10- bis 14-Jährigen organisiert, in der Hitler
jugend (HJ) im engeren Sinne und im Bund Deutscher Mädel (BDM) die Jungen und Mädchen
zwischen 14 und 18 bzw. (bei den Mädchen) 21 Jahren. Hinzu kamen zahlreiche Sonderformationen
wie Flieger-HJ, Marine-HJ, Reiter-HJ, Motor-HJ oder Nachrichten-HJ, die als besonders attraktiv
galten.
„Jugend führt Jugend“, hieß es in der HJ, um so eine – real nicht existente – Unabhängigkeit von der
Erwachsenenwelt zu suggerieren. Letztlich ging es darum, die Jugend ideologisch zu beeinflussen,
die Jungen einer permanenten Wehrerziehung zu unterziehen und die Mädchen auf ihre Aufgabe
als Mütter vorzubereiten. Sie alle sollten straff „formiert“ erzogen werden, was durch vielfältige For
men der Lagererziehung ergänzt wurde.
Das NS-Regime musste die meisten Jugendlichen aber nicht in die HJ hineinzwingen, denn viele
Heranwachsende fühlten sich durch die dort eröffneten Möglichkeiten angezogen. Wandern, singen
und spielen jenseits der Erwachsenenwelt in neuen eigenen Heimen, die Teilnahme an perfekt
inszenierten Großveranstaltungen und einfach auch das Gefühl des „Dazugehörens“ ließen es für
die meisten Kinder und Jugendlichen selbstverständlich erscheinen, aus freien Stücken Teil der
„Staatsjugend“ zu werden und dort Aufgaben zu übernehmen.
„Deutsche Jugend hinein in die Hitler-Jugend“
hieß es auf einem großen Transparent im Rahmen
des Umzuges, dessen eigentlicher Anlass neben dem
Werbezweck darin bestand, das kurzerhand be-
schlagnahmte Heim der Brühler Sozialistischen Ar-
beiterjugend (SAJ) in der Mühlenstraße offiziell der
örtlichen HJ zu übergeben. „Wo bisher volkszerset-
zende Marxisten hausten, da wird sich in Zukunft
die in der Hitler-Jugend stehende deutsche Jungar-
beiterschaft mit ihrer ganzen Kraft für die Erneue-
rung und den Wiederaufbau unseres Vaterlandes
einsetzen“, wurde anlässlich des Festaktes verlaut-
bart. Der wurde immerhin von Bürgermeister Fre-
ericks vollzogen, der dieser ungerechtfertigten An-
eignung fremden Eigentums damit die offiziellen
Weihen verlieh, was ebenfalls als Warnung an alle übrigen lo-
kalen Jugendorganisationen verstanden werden konnte, sich
der Hitlerjugend nicht in den Weg zu stellen, sondern sich ihr
anzuschließen.
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„Propagandamarsch in Brühl“.
Abbildung im
Westdeutschen
Beobachter
vom 1. April 1933
Die Kleinstadt
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