Ende nicht überleben wollten. Andere besoffen sich
einfach und warteten auf die Gefangennahme.“
Die beabsichtigte Rettung von „Führer und Vater-
land“ fand jedoch ein schnelles Ende. Nachdem die
kleine, aus Major Mitscherling, Oberleutnant Körner,
zwei Unteroffizieren und Günther Roos bestehende
Truppe, die sich tagsüber in Wäldern versteckte und
in Nachtmärschen gen Osten bewegte, am 19. April
die Wupper-Talsperre erreicht hatte, blieb man hier
zunächst bis zum 20. April, an den sich Günther Roos
zeitlebens gut, aber mit sehr gemischten Gefühlen er-
innern sollte: „20.4., Führers Geburtstag. Wir hörten
Radio. In einem ausländischen Sender sagte ein Spre-
cher: ‚Nun sitzt Hitler in seiner Reichskanzlei und
hört die Trümmer seines Tausendjährigen Reiches
über sich zusammenbrechen.‘ – ‚Quatsch‘, sagte ich
und schaltete den Reichssender ein. Es lief gerade das
deutsche Volkskonzert mit Liedern wie z. B. ‚Oh,
Deutschland hoch in Ehren‘. Und dann sprach Goeb-
bels! Unter anderem sagte er: ‚Es mag noch so fantas-
tisch klingen, wir siegen doch!!‘ Und ich war wieder
felsenfest vom Endsieg überzeugt!“
[
Ü
72]
Kriegsgefangenschaft
Angesichts seiner neu entflammten Zuversicht, empfand Günther
es als einen umso härteren Schlag, als er am nächsten Tag erfuhr,
dass sich seine beiden Vorgesetzten Major Mitscherling und
Oberleutnant Körner den Amerikanern gestellt hatten. Er dachte
weiterhin nicht an Aufgabe, musste sich der aktuellen Lage aber
umgehend anpassen. „Verwandlung in einen Pimpf“, hieß es
hierzu unter dem 21. April im Tagebuch, während Günther Roos
die Erklärung für diese Metamorphose später nachlieferte: Die
Wupperbrücke, die er unbedingt überqueren musste, sei bereits
von amerikanischen Posten bewacht gewesen, weshalb er sich
eine kurze Hose besorgt und angezogen, seine Feldbluse hingegen
ausgezogen und sich so „mit klopfendem Herzen“ dem amerika-
nischen Posten genähert habe. „,Stop! Where are you going?‘ –
‚To my uncle, to get something to eat.‘ – ‚Poor german boy!‘ –
und ich konnte passieren.“ Mit dieser Lüge endete der Weg nach
Osten für Günther Roos und damit auch die NS-Zeit. Denn
durch das kleine Erfolgserlebnis „frech geworden“, sei er weiter
über die Straße marschiert, wo dann ein Jeep der Militärpolizei
neben ihm angehalten habe: „Einer der Soldaten sagte: ‚Come
on!‘, ich protestierte, er zog seine Pistole und damit war meine
Freiheit zu Ende.“
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Ü
73]
Über Hückeswagen gelangte Günther zur Gefangenensam-
melstelle bei Marienheide, wo er mit zahlreichen weiteren deut-
schen Soldaten auf einer abschüssigen Wiese „dichtgedrängt bei
strömendem Regen, ohne Unterkunft, ohne Verpflegung“ zwei
Tage lang ausharren musste: „Und das mit kurzer Hose! Aber
das spielte auch keine Rolle mehr. Ich war stumpf und apathisch,
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Zwei provisorische Dokumente
aus der Schlussphase des Krieges,
mit denen Günther Roos am
15. April 1945 die ordnungsgemäße
Entlassung aus der Wehrmacht
bescheinigt wurde
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72 Ü Goebbels-Reden im April 1945 73 Ü Das Soldbuch von Günther Roos1945: „Man muss schon fanatisch sein, und das bin ich ja, Gott sei Dank.“
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1945