„Schöpfer der faschistischen Partei“
zurückgetreten sei. Zwar gab er
seiner Hoffnung Ausdruck, dass
sich die militärische Lage für das
Deutsche Reich nun günstiger ge
stalten würde, spekulierte aber zu
gleich über „die moralischen Fol
gen dieses Rücktritts in Deutsch
land“: „Sie müssen ungeheuer
sein.“ Aber nicht nur das: „Natür
lich werden die Engländer und
Amerikaner immer frecher.“ Die
Zukunft sah nun auch durch Gün
thers zumeist positiv gefärbte Bril
le immer düsterer aus.
„Frontbewährung“
In dieser Zukunft, das stand Günther
Roos klar vor Augen, würde er sehr bald
eine aktivere Rolle spielen müssen – aus
seiner Sicht wohl eher: dürfen. „Der
Lehrgang ist zu Ende, und die Erfüllung
des Soldatenlebens, der Krieg, steht
greifbar vor mir. Gott helfe mir, dass ich
diesen Abschnitt auch glücklich überste
he“, hieß es am 4. August. Eines jeden
falls stand für Günther weiterhin völlig
außer Zweifel: „Neues, Großes erwartet
mich.“ In einem letzten Urlaub in Brühl
bereitete er sich mental auf den ersten,
im Wehrmachtsjargon als „Frontbewäh
rung“ bezeichneten Fronteinsatz als an
gehender Offizier vor: „Der Krieg, Russ
land liegt vor mir, und ich gehe gern hin.“
Jene überschäumende Begeisterung, die in
früheren Zeiten mit Blick auf einen akti
ven Kriegseinsatz an der Tagesordnung
war, suchte man bei ihm nun aber ver
geblich: „Soll ich schreiben, mit welchen
Gefühlen und Gedanken ich jetzt ausrü
cke, so ist die Antwort schnell gefunden:
mit gar keinen. Ich gehe eben, um meine
Pflicht zu tun, und damit basta. Ich glau
be, hier passt nur der eine Ausdruck, der
für jeden Soldaten das Ideal bedeutet:
stur, stur wie ein Panzerwagen. Und es
muss und wird auch alles gut gehen. An
eine andere Möglichkeit denke ich gar
nicht.“ Zum Ende der Brühler Tage, am
22. August, notierte er dann, er sei „erns
ter und reifer geworden“ und betrachte
das Leben nunmehr „mit ganz anderen
Augen“. „Was vor mir liegt, weiß ich
nicht. Ich vertraue meinem guten Stern.
Es lebe die Zukunft!“
Als sich Günther am 26. August dann
auf den Weg nach Osten machte, tat er
das als stolzer Unteroffizier. Diese uner
wartete Beförderung kurz vor der Abreise,
so erinnerte er sich später, habe sein
Selbstwertgefühl enorm gesteigert. Zu
gleich dürfte ihm aber auch recht flau ge
wesen sein, war sein Bestimmungsort
doch genau jenes Brjansk, in dessen Nähe
Bruder Gustav ein knappes Jahr zuvor
ums Leben gekommen war. Er sprach sich
selbst Mut zu: „Trotzdem es nach Russ
land geht, sage ich: Das Leben ist schön,
es ist herrlich.“ Zugleich war ihm die dort
anzutreffende Allgegenwärtigkeit des
Todes nur zu bewusst, sodass er sein bis
heriges Leben bilanzierte: „Und nun: Auf
in den Kampf! Ich gehe mit der Gewiss
heit, etwas vom Leben gehabt zu haben,
wenn ich auch nur einmal genippt habe.
Das Leben ist doch schön. Heute weiß ich
es, und ich will es noch bis zur Neige aus
kosten. Also: Auf in den Kampf!“
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Günther Roos als „harter Krieger“
auf der Nahkampfbahn in Celle,
1943
226 /
„Rast der Krieger“ in Celle, 1943.
Günther Roos ganz vorn rechts
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225
1943:„Als Soldat gehöre ich nur noch meinem Führer!“
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