und nach einer Skitour durch den tief
verschneiten Wald schrieb er drei Tage
später voller Inbrunst und Überzeugung:
„Das ist Gottesdienst. Deutschland, du
bist es wert, dass für dich gekämpft wird.
Und wie wird augenblicklich gekämpft!
In Russland ist etwas los. Wir gehen zu
rück. Der deutsche Soldat muss zurück.
Hoffentlich hält nur die Heimat aus, denn
wir Soldaten halten zum Führer, fana
tisch bis zum Tod. Es lebe Deutschland,
für das Gustav schon gekämpft hat!“
Als seine geliebte Oma Christina fünf
Tage später starb, war das für ihren Enkel
Günther zwar ein „schwerer Schlag“, der
„zentnerschwer“ auf ihm lastete, doch war
er mittlerweile so tief von der NS-Propa
ganda durchdrungen, dass er deren Phra
sen immer häufiger als Ausdruck eigenen
Empfindens reproduzierte: „Aber das
Leben geht weiter. Muss weitergehen. So
muss ich versuchen, möglichst schnell zu
vergessen, um ungestört Dienst zu machen
für Deutschland. Es ist keine Zeit da zum
Trauern, sondern nur Zeit, um zu kämp
fen.“ Und seiner Mutter, die ja nach dem
Sohn nun auch noch ihre Mutter verloren
hatte, teilte er gleichzeitig mit, sie solle
den „Kopf hochhalten“: „Wir können es
uns jetzt nicht erlauben, die Hände in
den Schoß zu legen und zu heulen. Wir
Soldaten müssen unseren Dienst machen,
und Ihr in der Heimat müsst, soweit Ihr
könnt, arbeiten und Gott bitten, dass wir
den Krieg bald siegreich beenden und
alle gut überstehen.“
Diese Sicht der Dinge dürfte Elisabeth
Roos aber kaum geteilt haben. Man mache
im Rheinland, so schrieb sie ihrem Sohn
Mitte März, jetzt „eine schwere Zeit“
durch, „denn fast jede Nacht kommt der
Tommy, und was der alles abwirft, ist
furchtbar, da kommt man wirklich ans
Zittern“. Köln, Essen und weitere west
deutsche Großstädte wurden im Rahmen
der „Battle of the Ruhr“ immer häufiger
Ziele immer schwererer Angriffe. „Wenn
der Tommy so weitermacht, wirft er noch
das ganze Rheinland kaputt.“
Günther blieb zunächst aber unver
drossen bei seiner verklärenden Sicht der
Dinge, wozu die Ausbildung im ROB-
Lehrgang offenbar noch erheblich bei
trug. Leutnant Makrodt, so legte er am
18. März im Tagebuch nieder, der „eine
interessante Erscheinung“ und ihm per
sönlich „durch seine Brutalität und sein
Wissen sympathisch“ sei, habe „einen
Vortrag über den Russen und Bolschewisten
gehalten, der uns unsere herrliche Aufgabe
in diesem Krieg vor Augen hielt“, nämlich
„hart sein und brutal gegen den Feind des
Reinen und Klaren“. Günther zog hieraus
unmittelbar seine Schlüsse und war sich
absolut sicher, dass es ihm kaum schwer
fallen dürfte, „gegen den Russen brutal
zu sein“. Im Gegenteil: „Es freut mich
jetzt schon, daran zu denken, mithelfen
zu können, den größten Feind des
nationalsozialistischen Deutschlands zu
zerschlagen. Deutschland, dir will ich
dienen!“ Anlässlich des drei Tage später
gefeierten „Heldengedenktages“ ergänzte
er: „In den Kasernen war eine nette Feier
zu Ehren der Toten. Sie mahnen uns, ihr
Tod ist uns Verpflichtung.“ Den begin
nenden Frühling verstand Günther da
hingehend als „symbolhaft“ und betätigte
sich als perfektes Sprachrohr der NS-
Kriegspropaganda: „Wie nach der Härte
220/
„Es donnern die Motoren gen Osten
ins Morgenrot, wir tragen in den
Rohren das Feuer und den Tod.“
Weder am Gegner noch an
der Absicht ließ das „Werferlied“
irgendwelche Zweifel aufkommen.
Liedseite aus den Unterlagen von
Günther Roos
220
1943:„Als Soldat gehöre ich nur noch meinem Führer!“
222