linis erfuhr: „Eine herrliche Tat der Treue
des Führers zu seinem Freund inmitten
einer Welt des Hasses, Betrugs und Ver
rats.“ Besonders imponierte ihm dabei
der Vergleich, den eine spanische Zei
tung angesichts des gewagten Befrei
ungsmanövers zog: „Wie in der griechi
schen Sage, wo Männer vom Himmel
herabstiegen, um den Freund aus den
Klauen des erbarmungslosen Feindes zu
retten. Man kann nur sagen: ‚Eine tolle
Welt‘.“ Günthers ausgeprägte Führer
gläubigkeit wurde durch die dramati
schen Ereignisse in Italien jedenfalls kei
nesfalls beeinträchtigt, sondern eher noch
gestärkt. Hitler war und blieb für ihn un
antastbar und fast gottgleich, wodurch
der deutsche Sieg trotz aller Probleme
in letzter Konsequenz absolut sicher sein
musste. Das bestätigte sich auch am
9. November, als er eine weitere Hitler-
„Untermenschentum“
Die NS-Rassenideologie teilte die Menschheit in unterschiedlich „wertvolle“ Kategorien ein. Danach
waren die „germanischen Völker“, auch als „nordische Rasse“ oder „Arier“ bezeichnet, und hier allen
voran die Deutschen allen anderen als heroische „Herrenmenschen“ angeblich moralisch, körperlich,
intellektuell und kulturell überlegen.
Dem gegenübergestellt wurden die „Untermenschen“, die vor allem aufgrund ihrer „Rasse“, aber
auch aus anderen, zumeist politischen Gründen als minderwertig eingestuft wurden. Mit ihren
angeblich „niedrigen Instinkten“ und einem daraus resultierenden „Zerstörungswillen“ galten sie den
NS-Ideologen als existenzielle Bedrohung, die es zu unterwerfen und – wie Ungeziefer – zu vernichten
galt, sobald die Betroffenen für die „Herrenmenschen“ keinen „Nutzwert“ mehr hatten.
An erster Stelle wurden zu den „Untermenschen“ „die“ Juden gezählt, dann Polen und insbesondere
Sowjetbürger sowie alle anderen slawischen, afrikanischen und asiatischen Völker, Sinti und Roma
sowie – politisch motiviert – Kommunisten. So schloss sich der ideologisch konstruierte Kreis, wonach
das „internationale Judentum“ in Russland Kommunismus und Bolschewismus begründet habe,
um die „arische Rasse“ zu vernichten und die Weltherrschaft an sich zu reißen.
Der Begriff „Untermensch“ und das damit verknüpfte Menschenbild wurden von einer allgegenwärtigen
Propaganda über Reden, Zeitungen, Bücher, Schulunterricht, Hitlerjugend, Rundfunk und Filme zu
beängstigenden Feindbildern verdichtet, unablässig verbreitet und so dauerhaft in den Köpfen vieler
Deutscher verankert. „Rassenforscher“ versuchten zudem immer wieder, diesen Lehren einen pseudo-
wissenschaftlichen Anstrich zu geben. All das trug erheblich dazu bei, moralische Hemmschwellen
abzubauen, die hätten verhindern können, dass an den Fronten in Polen und in der Sowjetunion, in
Konzentrations- und Vernichtungslagern Menschen millionenfach Untaten begingen, die bis dahin
unvorstellbar waren.
Rede im Rundfunk gehört hatte: „Man ist
immer wieder erstaunt, welche Siegeszu
versicht aus seinen Worten spricht, und
fühlt sich immer wieder mitgerissen. Wir
werden siegen! Und Tod jedem, der sich
diesem Sieg in den Weg stellt.“
Neben Kampferfahrung und Führer
verehrung gesellte sich in Günthers Tage
bucheinträge an der Ostfront aber plötzlich
ein neues, vor allem wohl für ihn selbst
überraschendes Element hinzu. „Das ist
also Russland. Ich muss sagen, dass ich
über das Land etwas enttäuscht bin. So
viel Kultur hatte ich mir nach den Erzäh
lungen gar nicht vorgestellt. Na, vielleicht
kommt es noch. Immerhin, Flöhe habe
ich schon. Wenigstens etwas“, beschrieb
er Anfang September seine ersten Ein
drücke. Aufgrund der NS-Propaganda
und wohl auch durch die entsprechenden
Briefe und Berichte seines Vaters im Jahr
1943:„Als Soldat gehöre ich nur noch meinem Führer!“
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