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aber nie vergessen, wie ich im Graben lag und um mich der Tod

heulte“, berichtete er über seine Erlebnisse am 14. November, an

dem er sich zum ersten Mal unmittelbar mit Toten beider Seiten

konfrontiert sah: „Hier im Graben hatte ich mein unange­

nehmstes Erlebnis. Im Graben lag ein toter Landser und wir

mussten über ihn hinwegsteigen. Scheiße. Dann kam der Befehl

von unserer Abteilung, zurückzukehren. Gott sei Dank! In der

alten Feuerstellung sah es toll aus. Das ganze Gelände umge­

pflügt. Überall tote Sowjets. Jetzt sah man erst, was los war und

welch ein Schwein wir gehabt haben.“ Günther war wohl

zugleich glücklich und geschockt. „Das war meine Feuertaufe

und mein erster Nahkampftag. Es war ein Erlebnis, das ich

nie vergessen werde“, schloss er den Tagebucheintrag für diesen

14. November. Stolz kam dann nachträglich noch auf, als

die

Frontzeitung

eine Woche später dieser Aktion einen kleinen

Artikel widmete. „Tadellos!“, kommentierte Günther.

[

Ü

68]

Hatte er diesen ersten direkten Feindkontakt mit viel Glück

überlebt, so drohte ihm einige Tage später Gefahr von völlig an­

derer Seite: Günther hatte sich mit seiner wegen

ihrer Fehleranfälligkeit in Soldatenkreisen spöt­

tisch als „Heeresselbstmordgerät“ bezeichneten

Maschinenpistole MP38 versehentlich selbst in

den Fuß geschossen. Es war zunächst aber nicht

die Schusswunde, die Günther die größte Sorge

bereitete, sondern der Umstand, dass ihm diese

Verletzung als Selbstverstümmelung ausgelegt

werden könnte. Er meldete sich daher umgehend

bei seinem vorgesetzten Leutnant, der sich mit

ihm eine plausible Geschichte ausdachte, wonach

sich bei einem Sturz aus der umgehängten MP

ein Schuss gelöst und Günthers Fuß getroffen

hatte. Der tatsächliche Hergang, so berichtete

Günther Roos rückblickend, sei weitaus banaler

gewesen: Nachdem ihm sein Gewehr in den

Schnee gefallen sei, habe er die Führungsrinne

reinigen müssen und es daher einmal durchgela­

den. Hierbei habe sich der Schuss gelöst. Sein

Leutnant habe diese Geschichte aber angesichts

der zunehmend strengeren Auslegung der recht­

lichen Grundlagen zur Selbstverstümmelung für

zu gefährlich gehalten. Wie bedrohlich beide die

Situation einschätzten, geht allein daraus hervor, dass Günther

selbst im Tagebuch die erfundene Version notierte, um zu

verhindern, dass seine Aufzeichnungen in einem etwaigen Ver­

fahren vor dem Kriegsgericht gegen ihn hätten als Beweismittel

dienen können.

Das Täuschungsmanöver gelang jedoch ohne Zwischenfälle.

Aufgrund der Verletzung wurde Günther sogar das Verwundeten­

abzeichen verliehen, das er anschließend mit großem Stolz an

seiner Uniform trug. Die Wunde bereitete ihm dagegen noch

längere Zeit Probleme und verurteilte ihn für den Rest des Jahres

230

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Ausschnitt aus der

Frontzeitung

,

November 1943. An den hier

geschilderten Kampfhandlungen

vom 14. November war auch

Günther Roos beteiligt.

68 Ü Das Tagebuch von Wilhelm Moers

1943:„Als Soldat gehöre ich nur noch meinem Führer!“

231

1943