mischten sich plötzlich aber erste skeptische Töne.
„Sonst geht alles seinen alten Gang“, berichtete er am
27. Juni, um dann jedoch fortzufahren:
„Wie es einmal enden soll, ist mir schleierhaft. Es
sieht nicht danach aus, dass dieses Jahr noch eine
Offensive im Osten startet. Wir wollen uns darüber
im Klaren sein, unsere Lage sieht augenblicklich
nicht rosig aus. Während wir im Osten einem Gegner
gegenüberstehen, der nicht daran denkt zu kapitulie
ren, wird der Engländer mit jedem Tag stärker. Wäh
rend wir in Russland gebunden sind, legt er syste
matisch in Westdeutschland eine Stadt nach der an
deren in Schutt und Asche und drängt im Mittelmeer
planmäßig immer näher an Europa heran. Nach Frie
den sieht es in keiner Weise aus. Frieden! Ich kann es
mir kaum vorstellen, wie das ist, denn als der Krieg
ausbrach, war ich gerade 15 Jahre alt, erwachte ich
eben aus der Jugend. Es muss doch etwas Herrliches
sein, der Frieden!!“
Mit „Frieden“ benutzte Günther Roos hier erst
mals ein Wort, das bis dahin in seinem Wortschatz keinen Platz
gehabt hatte. Und dann wünschte gerade er, der begeisterte Sol
dat, ihn auch noch herbei! Die von ihm beklagte Zerstörung der
westdeutschen Städte hatte allerdings erst begonnen, wobei ins
besondere die schwere Angriffsserie auf Köln unmittelbar be
vorstand. „Bisher noch immer keine Nachricht aus Brühl erhal
ten und werde langsam unruhig, zumal nach dem Angriff auf
Köln. Was war los? Schreibt doch bitte sofort!“, forderte er seine
Mutter einen Tag nach dem verheerenden „Peter-und-Paul-Angriff“ auf Köln am 29. Juni auf. Als er dann Näheres über die
Zerstörungen und die hohe Opferzahl von fast 4 500 Menschen
erfuhr, zeigte sich Günther am 3. Juli „erschüttert“ und forderte
„schreckliche Rache“ an den Engländern. Es folgten in den Näch
ten zum 4. und 9. Juli jedoch zwei weitere schwere Bombarde
ments, die aufgrund ausbleibender Nachrichten der Eltern seine
Ängste noch steigerten und ihn veranlassten, um Urlaub nach
zusuchen.
Es stellte sich zwar heraus, dass sich seine Eltern bei Verwand
ten in Bad Münstereifel in Sicherheit gebracht hatten, doch ein
Besuch in der ihm so vertrauten und wichtigen rheinischen Met
ropole Köln hinterließ auf Günther einen nachhaltigen Eindruck.
„Der Anblick von Köln hat mich erschüttert. Schildern kann man
das nicht. Es ist eine tote Stadt. Ein großes Trümmerfeld. All die
herrlichen Bauten in Schutt“, schrieb er am Abend seiner An
kunft. „Das war einmal Köln. Eine moderne Großstadt wird zwar
einstmals auf dieser Stätte emporwachsen, aber das Köln, das
man unter diesem Begriff versteht, ist dahin.“ Als er sich nach
seinem Köln-Besuch in der leeren Wohnung „noch einmal kurz
wie früher auf das Sofa gewälzt, das Radio angestellt, gelesen und
geraucht“ hatte, wurde Günther bewusst, dass sich nicht nur sei
ne Umgebung, sondern auch er selbst verändert hatte: „In sol
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Urlauber Günther Roos im Brühler
Schlosspark, Juni 1943
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Rettung der letzten Habe aus einer
zerstörten Wohnung in Köln, 1943
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1943:„Als Soldat gehöre ich nur noch meinem Führer!“
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