stellen und durchführen sowie „ruhende
Einheiten“ sichern konnten. All das konnte
in der späteren Rekrutenausbildung der
Wehrmacht als bekannt vorausgesetzt und
im Fronteinsatz nutzbar gemacht werden.
Ein noch wichtigerer und in seiner Lang-
zeitwirkung kaum zu überschätzender
Effekt dürfte in der ebenfalls von Beginn
an intendierten weltanschaulichen Beein-
flussung der Heranwachsenden zu sehen
sein, die im von der SS geführten Reichs-
ausbildunslager in Germeter besonders
massiv ausfiel. Die Erkenntnis noch wäh-
rend der Zeit im Lager, dass er dort „welt-
anschaulich verändert“ worden sei, war
durchaus positiv konnotiert. Wie und in
welche Richtung das geschah, zeigt etwa
sein längster Tagebucheintrag der gesam-
ten Lagerzeit am 12. April:
„Um ½ 9 war Wecken. Da das Brot
noch nicht da war, haben wir mit
Scharführer Busch philosophiert. Haben
über die katholische Kirche gesprochen
und über die Beichte. Dieser Lehrgang ist
überhaupt sehr wichtig für mich in welt-
anschaulicher Richtung. Ich bin jetzt
endgültig mit dieser Kirche gebrochen.
Ein Erlebnis bleibt mir ewig in Erinne-
rung. Am Karfreitag waren wir im Ge-
lände. Wir kamen vom Tarnen zurück,
dreckig wie die Schweine. Es regnete. Wir
zogen durch Vossenack an der Kirche
vorbei. Da sangen wir das Lied: ‚Wir sind
des Geyers schwarze Haufen‘, mit dem
Refrain: ‚Setzt aufs Klosterdach den
roten Hahn‘. Als wir dieses Lied mit
seiner fantastischen Weise sangen, da
konnte nur unwillkürlich das Gefühl
aufkommen: Hier bricht eine alte Zeit zu-
sammen und eine neue, starke bricht an
und marschiert! Ein starkes Deutschland
ist da […].
⁸¹
Offenbar dominierten offizielles SS-
Liedgut und hier insbesondere eindeutig
antiklerikale Stücke den Lageralltag, in
dem – wie stets beim marschierenden
Militär – dem Singen aufgrund seiner
suggestiven Wirkung eine große Bedeu-
tung zukam. Diese Wirkung wurde dann
durch das Aufgreifen bestimmter The-
men in Heimabenden und anderen Schu-
möchte ich es nicht noch einmal mitma-
chen.“ Und gegen Ende des Reichsausbil-
dungslagers war er zu einer differenzier-
ten Beurteilung von dessen Inhalten
durchaus in der Lage: „Sicher, der Lehr-
gang hatte Vorteile. 1.) Vorschule und
Vorgeschmack fürs Militär. 2.) bin ich
weltanschaulich verändert worden.“
Mit dieser Einschätzung benannte er
genau jene beiden zentralen Ziele, die
Reichsjugendführung, Wehrmacht und
Waffen-SS mit dieser neuen Form der
Wehrertüchtigungslager intendierten. Ein
Blick auf die Dienstpläne in Germeter
zeigt, dass die Jugendlichen Aufbau, Funk-
tion und Handhabung von Waffen bereits
sehr gut beherrschten, darüber hinaus sich
im Gelände orientieren, Spähtrupps auf-
198
199
198 /
Auf dieser Seite seines „Leistungs-
buchs“ wurde Günther Roos
die erfolgreiche Ablegung der
Prüfung zum „Geländesportwart“
bescheinigt.
199 /
Bestätigung über die Teilnahme am
Reichsausbildungslager („RAL II“)
in Germeter im „Leistungsbuch“ von
Günther Roos
1942: „Macht will ich haben! Alle sollen mich lieben oder fürchten.“
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