offen erkennbarer Diskutant in Fragen
der „Euthanasie“ mehr, sondern ein ver-
steckter Beobachter und Denunziant, der
weiterhin den freiwilligen Religionsun-
terricht besuchte, um das Verhalten der
Pfarrer und Teilnehmer gerade in diesem
Kontext zu beobachten und weiterzuge-
ben. „Um 4 Uhr war ich im Religionsun-
terricht. Er ist gemeingefährlich. Diese
verdammten Pfaffen. Sie glauben wohl,
jetzt sei ihre Stunde gekommen. Es tut
sich nämlich in letzter Zeit allerhand“,
schimpfte er am 11. März und bezog sich
dabei auf die illegale Verbreitung der Pre-
digt des Münsteraner Bischofs von Galen,
in der dieser im August 1941 eine eindeu-
tige Position gegen die „Euthanasie“ be-
zogen hatte. Nach Ende des Unterrichts
erstattete Günther dem Brühler Stand-
ortführer Bechem Bericht über das Ge-
hörte. Zwei Wochen später betätigte er
sich erneut als Informant des Sicherheits-
dienstes der SS, wobei der Religionsunter-
richt dieses Mal in seinen Augen jedoch
enttäuschend verlief: „Nachmittags war
ich im Religionsunterricht. Leider ganz
harmlos. Ein anderer Pfarrer leitete den
Unterricht.“ Trotz dieser Einschätzung
besuchte Günther noch am gleichen
Abend Streifendienstführer Hipp, um
ihm verabredungsgemäß Bericht zu er-
statten.
Bald wurde Günthers Spitzeltätigkeit
jedoch erneut unterbrochen, denn, gera-
de zwei Wochen aus Elsenborn zurück,
erhielt er am 12. März eine Einberufung
in das Reichsausbildungslager Germeter.
„In den Ferien! Prost!“, war sein einziger,
wenig enthusiastischer im Tagebuch fest-
gehaltener Kommentar. Die fehlende Be-
geisterung rührte wohl auch daher, dass
sich Günther neu verliebt hatte. „Hurra!
Wir haben uns; nämlich Ruth F. und ich“,
jubelte er am 22. März und ergänzte eine
„Euthanasie“
Als „Euthanasie“ wurde während der NS-Zeit verharmlosend und verschleiernd die Tötung von als
„lebensunwert“ angesehenen Menschen bezeichnet. Dazu zählten neben Kindern und Erwachsenen
mit Behinderungen auch Menschen, die an seelischen und Nervenkrankheiten wie Schizophrenie
oder Epilepsie litten. Über 260 000 Menschen starben bei den Massentötungen, die in mehreren
Stufen und unter verschiedenen (Tarn-)Namen nach dem sogenannten Euthanasiebefehl Hitlers ab
1939 verübt wurden.
In seiner ursprünglichen Bedeutung steht das Wort „Euthanasie“ für den schönen, leichten Tod.
Die Nationalsozialisten wandelten den Begriff in ihrer rassenbiologischen Ideologie in menschen
verachtender Weise ab: Menschen, die für „lebensunwert“ erklärt wurden, sollten sich nicht
fortpflanzen, keine Kosten verursachen und daher beseitigt werden. Hitler erteilte Ärzten
im Euthanasiebefehl daher die Befugnis, „unheilbar Kranken“ den „Gnadentod“ zu „gewähren“.
In Heil- und Pflegeanstalten ermittelten Ärzte nach freiem Ermessen die Opfer. Mit Gas oder
durch Injektionen brachte man die angeblich unheilbar Kranken anschließend in speziellen Ein-
richtungen um. Die Tötungen waren aber selbst nach dem Rechtssystem des Nationalsozialismus
ungesetzlich und wurden geheim gehalten. Dennoch drangen zunächst Gerüchte und bald auch
gesicherte Nachrichten an die Öffentlichkeit, in der insbesondere von kirchlicher Seite Widerstand
artikuliert wurde. So wandte sich der Bischof von Münster, Clemens August von Galen, in einer
berühmt gewordenen Predigt im August 1941 gegen die „Euthanasie“. Bald darauf wurden die
Tötungen zwar offiziell eingestellt; allerdings setzte man sie in Vernichtungslagern im Osten unter
noch größerer Geheimhaltung fort. Auch in Heilanstalten fanden viele Kranke und Behinderte
durch Spritzen oder den Entzug von Nahrung weiterhin den Tod.
1942: „Macht will ich haben! Alle sollen mich lieben oder fürchten.“
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1942