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am Nachmittag des Heiligabends mit

dem über Weihnachten im Ort weilenden

Peter Wieland, um den früheren und

noch immer einflussreichen Jungstamm-

führer bei einem Gaststättenbesuch von

seinen Fähigkeiten zu überzeugen. –

Noch sollte Günthers Machtstreben je-

doch nicht den gewünschten Erfolg ha-

ben.

Selbstbedienung in Feindesland

Erfolge gab es hingegen auf anderem Ge-

biete zu vermelden, denn kaum hatte die

„Luftschlacht um England“ begonnen,

schenkte auch Günther dem Kriegsge-

schehen wieder größeres Interesse und

kommentierte dessen wichtigste Ereig-

nisse. „Heute ist es gegen London losge-

gangen“, notierte er am 6. September und

ergänzte martialisch: „Slagt al dot!“ In

gleichem Tenor hieß es tags darauf: „Das

Strafgericht über London geht los! Hun-

derte von Bränden beleuchten die Stadt.

Die Docks und Hafenanlagen sind zer-

stört. Eine Million kg Bomben wurden auf

die Stadt abgeworfen.“ Unterstützung er-

hielt Günther in dieser Hinsicht von Vater

Toni, der im Juli des Jahres an die franzö-

sische Nordküste gewechselt war und die

deutsche Luftoffensive sozusagen hautnah

erlebte. Auch er kommentierte die Ereig-

nisse und hielt sich dabei insbesondere

mit abfälligen Äußerungen in Richtung

Großbritannien nicht zurück.

Die Verlegung an die französische

Kanalküste hatte für die gesamte Familie

Roos sicherlich sehr positiv aufgenomme-

ne Folgen. Als Anton Roos hier eintraf,

stellte er schnell fest, wie gut sich in

Frankreich noch essen, trinken und ein-

kaufen ließ, da es hier im Gegensatz zum

Reichsgebiet keinerlei Rationierungen gab.

Hiervon machte er – ganz siegreicher Be-

satzer – ausgiebig Gebrauch und schickte

seine diesbezüglichen Erfolgsmeldungen

regelmäßig an seine Frau Elisabeth nach

Brühl. Seine Erfahrungen beim Einkaufen,

die einer Art Selbstbedienungsmentali-

tät nahekamen, schilderte Anton Roos in

seinen Aufzeichnungen über den Frank-

reichaufenthalt so: „Da in Deutschland al-

les auf Bezugsschein ging, war es beson-

ders bei den billigen Franc-Preisen ein

Vergnügen für uns einzukaufen.“ Niedrige

Preise und gute Qualität habe zu einer

„regelrechten Kaufwut“ geführt. „Man

sah keinen deutschen Soldaten, der nicht

Päckchen und Pakete unter dem Arm hat-

te.“ Auch hinsichtlich des Essens und

Trinkens in den zahlreichen Restaurants

an der Kanalküste fühlten sich Toni Roos

und der restliche OT-Tross sprichwörtlich

wie „Gott in Frankreich“, wobei sie nach

seiner Angabe nie darauf verzichteten, mit

„kräftigen Kampfzeitliedern Stimmung in

die Bude“ zu bringen. „Liköre und Cham-

pagner sorgten dafür, dass die Stimmung

gesteigert wurde.“ – Gerade Günther

Roos, der ja bereits die weitaus bescheide-

neren OT-Feierlichkeiten in Trier mit eini-

ger Begeisterung erlebt hatte, dürfte von

solchen Schilderungen kaum unbeein-

druckt geblieben sein, erschien der Krieg

unter solchen Umständen doch als etwas

überaus Erstrebenswertes und Er-

freuliches.

Das Jahr 1940 endete – letzt­

malig – in trauter Familienrunde.

Vater Toni war über die Feiertage

aus Frankreich, Bruder Gustav aus

Hannover nach Brühl zurückge-

kehrt. Man besuchte die Angehö-

rigen der Großfamilie, feierte in

Gaststätten oder zu Hause und ver-

lebte schöne Tage. Getrübt wurde

die Stimmung jedoch am 29. De-

zember, als es zwischen Toni und

Gustav Roos zum Streit kam. Dem

Vater war es aufgrund seiner Bezie-

hungen gelungen, für seinen Sohn

eine Dienstverpflichtung zur Ober-

bauleitung der „Organisation Todt“

an der Kanalküste zu erhalten, die

eine Freistellung vom Militär-

dienst bedeutet hätte. Gustav aber,

so erinnerte sich sein Bruder später, habe

diese Möglichkeit jedoch mit der Begrün-

dung abgelehnt, dass er kein Drückeberger

sein wolle, der sich seinen Verpflichtun-

gen als Deutscher und als Student entzie-

hen würde.

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Anton Roos bei der Arbeit mit

Armbinde der „Organisation Todt“,

vermutlich im Herbst 1940

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1940: „Es ist bald wie im Märchen. Deutschland wird siegen!“

1940