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„Das Jahr 1940 ist vorbei“, notierte Gün-

ther Roos am Neujahrstag 1941 in sein

Tagebuch, um dann begeistert Rückschau

zu halten: „Deutschland hat Siege errun-

gen, wie wir sie selbst in den kühnsten

Träumen nicht zu erhoffen wagten. Nor-

wegen und Dänemark besetzten wir

durch einen Handstreich. Holland und

Belgien kapitulierten nach kaum drei

Wochen und das große Frankreich [...]

wurde in Kürze vollkommen vernichtet.

Ich bin stolz, dass ich Deutscher bin, und

ich bin noch stolzer auf meinen Führer!“

Vom neuen Jahr 1941 erhoffte sich der

16-Jährige „nur Gutes und vor allen Din-

gen den Sieg Deutschlands und damit

den Frieden“. Das hieß in den Augen des

ambitionierten Jungvolkführers, dass

endlich auch England niederzuringen

war, um dann glücklich und zufrieden in

einem allein von Deutschland dominier-

ten und auszubeutenden Europa zu leben.

Für die Zeit des Friedens hatten die Brü-

der Roos bereits konkrete Pläne ge-

schmiedet, an die Günther Roos noch bis

ins hohe Alter wehmütig zurückdachte:

Der ältere und kreativere Gustav sollte in

einem gemeinsam geführten Unterneh-

men als Architekt Baupläne entwickeln,

die der „handfeste“ und in Organisati-

onsdingen geschickte Günther dann als

Bauleiter in die Tat umsetzen würde. Die-

ses Vorhaben bekräftigten die Brüder

auch in der Neujahrsnacht, als sie sich bis

drei Uhr in der Früh „über allerlei Dinge“

unterhielten. „Am Schluss haben wir uns

versprochen, immer zusammenzuhalten“,

schließt der Tagebucheintrag.

Das Jahr 1941 sollte aber weder den

Sieg noch Frieden bringen, sondern ganz

im Gegenteil eine Ausdehnung des bis

dahin auf Europa begrenzten Konflikts

zum Weltkrieg – und damit zugleich

auch die Familie Roos auseinanderreißen.

Neben diesen weltpolitischen Entwick-

lungen und familiären Dingen bestimm-

ten, wie schon im Jahr zuvor, Pubertät

und Übergang zum Erwachsensein Gün-

ther Roos’ Leben. Im Tagebuch schlägt

sich dies in Eintragungen über erste in-

tensiv erfahrene, mit Blick auf die eigene

Person wohl überbetonte Schwärmereien

nieder sowie weiterhin in ständigen – zu-

meist wohl ebenfalls übertriebenen –

Eintragungen über Besuche von Gaststät-

ten und häufigen Alkoholkonsum. Darü-

ber hinaus besuchte er im Frühjahr und

Sommer 1941 einen Tanzkurs in Köln.

Ganz wohl war dem 16-Jährigen beim

Wechsel in die Welt der Erwachsenen je-

doch nach wie vor nicht. Er gehe, so

musste er in einem Tagebucheintrag am 1.

April eingestehen, noch immer gern zu

seinem Freund Kurt: „Wir sind doch jetzt

schon über zehn Jahre Freunde. Mit Kurt

habe ich ein ganz anderes Verhältnis wie

mit meinen anderen Freunden!! Wenn

wir zusammen sind, sind wir noch ein-

mal richtige Kinder. Und gerade das ist

so schön. Erinnerungen werden aufge-

frischt und man sieht sich noch einmal,

wie man vor 10 Jahren war.“

Aufstiegsambitionen

Für solche Ausflüge in die heile Kinder-

welt blieb jedoch zusehends weniger Zeit,

denn Günthers Karriere im Jungvolk

machte erhebliche Fortschritte, die ihm

volles Engagement und ein entsprechend

hartes, weil „führermäßiges“ Auftreten

abverlangten. Der offensichtliche Wunsch

nach Macht und die damit notwendiger-

weise verknüpften Aufstiegsambitionen

brachten es mit sich, dass Günther be-

gann, in beide Richtungen, nach oben

und nach unten, „auszuteilen“, um seine

Fähigkeiten als Jungvolkführer zu de-

monstrieren und damit seine weiter ge-

henden Ansprüche zu untermauern. Sein

damaliger Fähnleinführer, so notierte er

im Januar 1941 abfällig ins Tagebuch, sei

zwar zwei Jahre älter als er, reiche ihm

aber gerade „bis an die Brust“. Trotzdem

maße dieser es sich an, „uns durch einen

großartigen Arbeitsplan etwas vorzuma-

chen“. Sofort stellte Günther seine Über-

legenheit unter Beweis: „Habe ihn kurz

mit dem Zustand des Jungzugs 1 abge-

trumpft.“ Aber nicht nur das: Als am glei-

chen Tag der Jungbannführer wegen der

anstehenden Neubesetzung der Führer-

stellungen im örtlichen Jungvolk in

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1941: „Ein neues, starkes Volk wächst heran. Und ich bin dabei!“