Das Jahr 1941 stand im Zeichen zweier Ereig-
nisse, die den militärischen Konflikt endgültig
zum Weltkrieg werden ließen: dem deutschen
Angriff auf die Sowjetunion im Juni und dem
japanischen Überfall auf den US-Stützpunkt
Pearl Harbor im Dezember, der die USA zum
Kriegseintritt bewog und damit letztlich auch
die Niederlage Deutschlands einleitete.
In Europa setzte das NS-Regime den 1939
begonnenen Eroberungskrieg fort. Anfang
April überfiel die Wehrmacht Jugoslawien und
Griechenland, deren Armeen innerhalb weniger
Wochen kapitulierten. Anschließend orientierte
sich Hitler auf das eigentliche Ziel seiner
rassistischen Expansionspolitik: Am 22. Juni
1941 begann der als „Unternehmen Barba
rossa“ bezeichnete Angriff auf die Sowjetunion.
Anders als im Herbst 1939 und im Frühjahr
1940 wurde die deutsche Bevölkerung auf
diese neuerliche Ausweitung des Krieges, die
die meisten mit sehr gemischten Gefühlen
beobachteten, propagandistisch nicht vor
bereitet. Schnell sollte deutlich werden, dass
es sich hier um einen rassenideologisch
begründeten Raub- und Vernichtungskrieg mit
unvorstellbarer Brutalität handelte.
Der erneut als „Blitzfeldzug“ geplante Überfall
auf die Sowjetunion geriet jedoch bald zum
Debakel, weil die Wehrmacht lediglich für einen
dreimonatigen Sommerfeldzug ausgestattet
war, der mit Beginn des Winters im Dezember
1941 kurz vor Moskau stecken blieb, während
die Rote Armee gleichzeitig zur Gegenoffensive
überging. Dennoch erklärte Hitler am 11. De-
zember auch den USA noch den Krieg. Außer-
dem war die Wehrmacht ab Februar 1941
zusätzlich auf dem nordafrikanischen Kriegs-
schauplatz im Einsatz.
Unter solchen Vorzeichen spielte Familienleben
im herkömmlichen Sinne im Reichsgebiet eine
immer geringere Rolle: Die Männer waren
an den Fronten, viele Kinder in der „erweiterten
Kinderlandverschickung“, Jugendliche in
„Erntehilfen“ und immer mehr Frauen in der
Rüstungsproduktion oder anderen Kriegshilfs-
diensten. Dabei mussten sich Letztere neben
ihrer Berufstätigkeit in aller Regel auch um die
Versorgung der Familien kümmern – angesichts
der Engpässe in der Lebensmittelversorgung
eine schwierige Aufgabe. Zugleich waren die
psychischen Belastungen durch die stetig
zunehmenden nächtlichen Luftangriffe erheblich.
Weitaus bedrohlicher aber war die Lage für die
jüdische Bevölkerung. In Deutschland begann
der systematische Mord an den Juden, der in
den besetzten Gebieten im Osten schon seit
1939 stattgefunden hatte. Am 1. September
wurde das Tragen des Judensterns im Reichs-
gebiet verpflichtend, am 23. Oktober ein gene
relles Auswanderungsverbot für Juden verhängt
und mit den Deportationen in die Gettos im
Osten begonnen.
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1941: „Ein neues, starkes Volk wächst heran. Und ich bin dabei!“
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