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einer damit ermöglichten Aufrüstung

mit eigenen Augen in Köln gesehen hatte,

machte sich in Günthers Kopf „eine

wachsende Begeisterung für das Solda-

tentum“ breit, wie er diesen Prozess spä-

ter selbst umschrieb. Offenbar war die

Stimmung in der Familie, in der Schule

und in der gesamten Brühler Kleinstadt-

gesellschaft im Zuge der Propaganda für

die „Wahl“ am 28. März 1936 derart auf-

geheizt, dass es nur noch ein Thema gab.

Der Höhepunkt aus damaliger Sicht

folgte dann jedoch am 29. März 1936. Zu

diesem Datum finden sich – zum ersten

und zugleich letzten Mal – auch Einträge

im Tagebuch, die nicht von Günther

Roos selbst stammen: „Heute habe ich

meinen Führer gesehen“, schrieb Mutter

Elisabeth zur Feier des Tages dort hinein,

und Bruder Gustav ergänzte: „Ich sah

Adolf Hitler“, während Günther am Ende

der Seite notierte: „Am 28. sah ich zum

ersten Mal meinen Führer.“ Diesen Tag

erlebte er mit fast religiöser Inbrunst, wie

er 1989 rückblickend schilderte: „Schon

am Vormittag fuhren wir nach Köln, wo

Hitler bei einer Wahlveranstaltung er-

wartet wurde. Wir stellten uns vor dem

Café Becker in der Straße Unter Taschen-

macher auf. Hier warteten wir fast sechs

Einführung der Wehrpflicht

Im Versailler Vertrag hatte sich Deutschland 1919 verpflichten müssen, weitgehend abzurüsten

und auf eine stehende, große Streitmacht zu verzichten. Die verbliebene Rest-„Reichswehr“ stellte

lediglich eine kleine, auf 100 000 minimierte Berufsarmee dar. Im Frühjahr 1935 fühlte sich das

NS-Regime außen- und innenpolitisch dann stark genug, den Vertrag offen zu brechen, indem es

am 16. März 1935 mit dem „Gesetz über den Aufbau der Wehrmacht“ im Deutschen Reich die

allgemeine Wehrpflicht wieder einführte. Bis 1939 sollte die nun „Wehrmacht“ heißende deutsche

Armee auf 36 Divisionen mit rund 580 000 Soldaten ausgebaut werden. Nunmehr konnte die

bereits vorher begonnene Wiederaufrüstung Deutschlands offen fortgesetzt werden; ein wichtiger

Schritt bei der Vorbereitung des Krieges. Das Ausland – etwa der Völkerbund, Frankreich, Groß-

britannien und Italien – protestierte zwar heftig und verlieh seiner Empörung in offiziellen Noten

Ausdruck, tatsächlich wirksame Maßnahmen blieben aber aus.

Stunden auf das Erscheinen des Führers.

Die Stadt vibrierte förmlich, und die

Spannung wuchs von Stunde zu Stunde.

Dazu trug natürlich der Schmuck der

Straße mit Hakenkreuzfahnen bei, das

Gedröhne von Marschmusik und immer

wieder der Durchmarsch von uniformier-

ten Kolonnen. Dann kam die SA und bil-

dete entlang der Straße eine lebende

Menschenkette. Und die erwartungsvolle

Spannung stieg fast ins Unerträgliche.

Bald muss ER kommen!“

Dabei gelang es Günther – wohl auch,

weil er, blond und blauäugig, exakt ins ras-

senideologische Bild des „Ariers“ passte –,

sich einen besonders exponierten Platz

zu sichern: „Als kleiner Pimpf in Uni-

form durfte ich mich nun vor der SA-Ket-

te aufstellen. Dann hörte man von fern

ein Brausen, das immer näher kam. Im-

mer deutlicher wurden die Heil-Rufe.

Nun kam die Vorausabteilung, und dann

bog ein schwarzer Mercedes vom Alter-

markt kommend in Unter Taschen­

macher ein und in diesem Wagen stand

Hitler, eine Hand auf der Windschutz-

scheibe gelegt und mit der anderen Hand

grüßte er.“ Was Günther Roos dann als

seine Erinnerung schilderte, ist jene ei-

ner Art Massenhypnose oder -psychose

Prägungen

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