Ludendorff-Putsches von 1923]. Jedes dieser Feste war mit gro-
ßen Aufmärschen verbunden. Es war schon ein imponierender
Anblick, die geschmückten Straßen, die Unmenge von Fahnen,
die Uniformen und die schmetternde Marschmusik. Und über-
all war eine gewisse Euphorie, ein Zukunftsglaube. Man fühlte,
es geht aufwärts, eine neue Zeit war angebrochen.“
Der Alltag der ersten Jungvolkjahre, wie ihn Gün-
ther Roos in Erinnerung hatte, fiel hingegen eher
trist aus: „Er bestand aus Heimabenden, wo Lieder
gelernt wurden und wo uns von den Taten großer
Deutscher berichtet wurde. Dann wurde natürlich
noch exerziert, marschiert und Sport getrieben. Au-
ßerdem fand noch die Ausbildung im Gelände statt.
Eine weitere wichtige Beschäftigung war für uns das
Sammeln – von Altmaterial und von Geld. Wir sam-
melten für die NSV [Nationalsozialistische Volks-
wohlfahrt], für das WHW [Winterhilfswerk des
Deutschen Volkes], für die Kriegsgräber und was
weiß ich noch alles.“ Das aber war offensichtlich
nicht das, womit der zehnjährige Günther seine Frei-
zeit auszufüllen gedachte. Seine Interessen waren in
diesem Alter kaum auf Politik, sondern viel stärker
auf eine spielerische Welterkundung gerichtet, wes-
halb seine Begeisterung für Jungvolk und Heim-
nachmittage nach etwa zwei Jahren deutlich abkühl-
te: „Ich drückte mich so oft wie nur möglich um das
Antreten herum.“ Gerade im Sommer habe ihn das
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103
102/
„Immer einsatzbereit!“ –
Dieses Bild wurde in
sämtlichen Medien
von der Hitlerjugend
verbreitet. So wurden
Kinder und Jugend
liche dazu aufgerufen,
sich an den zahl
reichen Sammelaktio-
nen für das „Winter-
hilfswerk“ (WHW) zu
beteiligen. Hier in der
Januarausgabe 1938
der Schülerzeitschrift
Hilf mit!
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Das Jungvolk beim
Erntedankfest 1934 auf
dem Brühler Markt
Prägungen
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