geben eben nicht eng bin und des Lebens
Genüssen nicht abgeneigt.“ Als Einzel-
kind begüterter Eltern wurde Toni zudem
offenbar nicht sehr nachhaltig zu Arbeit
und Pflichterfüllung angehalten. Statt-
dessen, so resümierte Günther Roos die
Familienüberlieferung, sei sein Vater in
dem Bewusstsein aufgewachsen, nie ar-
beiten zu müssen, weil ihm suggeriert
worden sei, dass er bequem und gut von
den Zinsen leben könne, die das elterliche
Vermögen künftig abwerfen würde. Toni
Roos selbst schrieb in seinen Lebenserin-
nerungen, er sei erwiesenermaßen nicht
dumm gewesen, „aber gearbeitet habe und
aufmerksam war ich nur dann, wenn
mich eine Sache interessierte“.
Eine solche Einstellung gefährdete sein
Fortkommen auf dem von ihm besuchten
Brühler Gymnasium, was dazu führte,
dass der zwölfjährige Quintaner in die
Provinz wechseln und fortan das erzbi-
schöfliche Konvikt in Bad Münstereifel
besuchen musste – in seiner Erinnerung
die zwei „grausigsten Jahre meines Le-
bens“, in denen er „bis zu meinem acht-
zigsten Lebensjahr im Voraus gebetet“
habe. Als deren Folge hegte er zeitlebens
ein starkes Ressentiment gegen die ka-
tholische Kirche, besuchte nach eigenen
Angaben nach 1918 kaum mehr einen
Gottesdienst und trat schließlich – wohl
deutlich vor 1933 – aus der Kirche aus.
Nachdem Anton Roos mit einem Mit-
schüler recht bald wegen alkoholischer
Eskapaden als Tertianer des Konvikts
verwiesen worden war, bezogen die bei-
den Jungen in Münstereifel ein Privat-
quartier und fühlten sich nun „wie die
Freiherren“, wobei sie – offenbar unter
stillschweigender schulischer Duldung –
weiterhin dem Alkohol zusprachen. Da
die schulischen Leistungen unter einer
solchen Einstellung zwangsläufig leiden
mussten, geriet die Versetzung bald auch
am Gymnasium in Münstereifel in Ge-
fahr, sodass Toni Roos erneut, dieses Mal
nach Bonn wechseln musste, wo er von
einem strengen Pastor zwei Jahre lang
unterrichtet wurde. Danach sollte er ein
Gymnasium im badischen Lahr besuchen,
was er jedoch ablehnte und stattdessen
verkündete, Maler werden zu wollen –
immerhin kannte er den vier Jahre älte-
ren Brühler Max Ernst, der zu dieser Zeit
in Bonn studierte und später zu einem
berühmten Maler werden sollte, persön-
lich.
⁵⁴
Das ließ Vater Roos bei aller Libe-
ralität in Erziehungsdingen dann aber
doch nicht zu und bestimmte Mitte 1912
stattdessen, dass sein Sohn eine Bankleh-
re zu absolvieren habe. „Aus, schöner
Traum, und nun statt schöner Modelle
kalte Zahlen und Handel mit schnödem
Mammon“, erinnerte dieser sich später.
Als der Vater schon ein Jahr später starb,
ließ er den 18-Jährigen und seine Mutter
in wirtschaftlich sehr guten Verhältnis-
sen zurück. So war für den Zweipersonen-
haushalt standesgemäß ein „Dienstmäd-
chen“ tätig.
Bei Beginn des Ersten Weltkriegs am 1.
August 1914 verspürte Anton Roos nach
eigenen Angaben „keine Lust“ auf Kriegs-
dienst, im Gegensatz zu allen Freunden
und Bekannten, die sich – darin der da-
maligen Begeisterung folgend – freiwillig
meldeten. Zunächst half ihm offenbar
eine frisch überstandene Lungenentzün-
dung, die ihm bei der Musterung das Ur-
teil „untauglich“ einbrachte. Er wurde im
Lauf der Jahre 1914/15 mehrfach nachge-
mustert und galt nach eigenen Angaben
in Brühl angesichts des Verbleibs in der
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61 /
Klassenfoto im Konvikt
Münstereifel, 1907. Anton
Roos in der mittleren Reihe,
ganz rechts mit auf Hand
gestütztem Kopf
Der Vater
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