durch Gewöhnung an Ausdauer und
plötzlichen Willenseinsatz, Erziehung zur
Wehrhaftigkeit und Gehorsam“ als zent-
rale Lernziele, woraufhin man im Unter-
richt umgehend damit begann, „Ord-
nungsübungen und Kommandos wie im
Wehrsport“ zu praktizieren. Im „Gelände
sport“ waren künftig „Kartenlesen, Entfer-
nungsschätzen, Waldlauf, Schnitzeljagd
und kriegsspielartiger Anmarsch auf ein
gegebenes Ziel“ einzuüben. Im bis 1937
schrittweise auf fünf Wochenstunden aus-
gedehnten Sportunterricht wurde in Brühl
zunehmend auch großer Wert auf das
Boxen gelegt.
Im April 1937 trat Direktor Johann
Bartels an der Brühler Schule seinen
Dienst an. Im Gegensatz zu seinem Vor-
gänger Wilhelm Oberle war er überzeug-
ter Nationalsozialist und führte als neuer
Schulleiter das Gymnasium auf einen
deutlich schärferen NS-Kurs. So wurde
zum 1. Januar 1938 der „Wochenspruch“
eingeführt: Jeden Montag mussten Leh-
rer und Schüler vor der ersten Stunde auf
dem Schulhof antreten, um vom unifor-
mierten Direktor, der von den Schülern
„Der Zeus“ genannt wurde, mit markigen
Worten auf besondere Anliegen des
Nationalsozialismus eingeschworen zu
werden. Wie weit die Ideologisierung des
Schulalltags und der Unterrichtsinhalte
bereits in der Vorkriegszeit ging, belegt
ein Blick auf die Themen, die in Brühl
1938 für die Abituraufsätze im Fach
Deutsch gestellt wurden:
1. Die Straßen des Führers (Gedanken
zur Vollendung der ersten 2000 km der
Reichsautobahn)
2. Weshalb fordert das deutsche Volk sei-
ne Kolonien zurück?
3. Soldatengestalten in der deutschen Lite-
ratur seit Lessing
4. Bericht über die Rede des Führers bei
der Eröffnung der Großen Deutschen
Kunstausstellung
Nach Kriegsbeginn 1939 wurden Wehrer-
ziehung und ideologische Ausrichtung
schließlich unter dem weitaus umfassende-
ren Begriff der „wehrgeistigen Erziehung“
zusammengefasst, der nun alle anderen
Belange unterzuordnen waren. „Wehrer-
ziehung“, so hieß es nun auch in Brühl,
sei fortan nicht mehr lediglich Unter-
richtsfach, sondern ein das gesamte schu-
lische Handeln durchdringender „Unter-
richtsgrundsatz“. In der ersten Konferenz
nach Kriegsbeginn betonte Direktor Bar-
tels in diesem Sinne, dass es auch im
schulischen Kontext nunmehr in erster
Linie darum gehen müsse, „Glauben und
Vertrauen zum Führer und zum Volk zu
stärken“.
[
Ü
4]
Solche Führergläubigkeit, die sicher-
lich auch auf die Schüler abfärbte, blieb
im gymnasialen Alltag künftig an der
Tagesordnung. Auf dem Höhepunkt des
Westfeldzuges, dessen Erfolge in eigens
anberaumten schulischen „Feierstunden“
gewürdigt wurden, forderte der Schullei-
ter das Kollegium im Juni 1940 auf, die
Schüler „auf das Wunder unseres siegrei-
chen Vordringens“ hinzuweisen, „eines
Wunders, das bewirkt wird nicht durch
das einmalige Eingreifen einer höheren
Macht, sondern durch die erweckende
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Die Brühler „Abiturientia“ 1939,
1. Reihe, 3. v. l.: Günther Roos̓
Bruder Gustav
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„Der Zeus“: Oberstudien
direktor Johann Bartels
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Das Gymnasium in Brühl
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4 Ü Schule unter dem HakenkreuzDie Kleinstadt
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