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so parierten, wie er sich das als ihr Füh-

rer vorstellte, jährte sich der Tag der NS-

Machtübernahme, dem er in seinem Ta-

gebuch so begeistert wie vielsagend ge-

dachte: „Heute vor acht Jahren kam

Adolf Hitler zur Macht. Der Aufbau

Deutschlands begann. Und was ist seit

dieser Zeit alles geschehen! Deutschland,

das damals machtlos und ein Spielball

der anderen Nationen war, ist heute die

Großmacht in Europa. Frankreich und

bald auch England liegen ihm zu Füßen.

Und das alles verdanken wir unserem

Führer!“ Die Rede, die Hitler am 30. Ja-

nuar 1941 hielt, fand er „einfach großar-

tig“. „Der hat’s mal den Engländern gege-

ben“, notierte er und fühlte sich ange-

sichts solch großer Worte und Taten

offensichtlich inspiriert, mit den Angehö-

rigen seines Jungzugs bald ähnlich zu

v

erfahren.

[

Û

53]

Auf dem Weg in den Weltkrieg

In den folgenden Monaten traten Gün-

thers persönliche Ambitionen in den Ta-

gebucheintragungen dann aber deutlich

hinter die sich überschlagenden Ereignis-

se auf den verschiedenen Kriegsschau-

plätzen zurück. Tatsächlich schienen sich

dort alle durch die NS-Propaganda ge-

schürten Hoffnungen zu erfüllen, und

das Tagebuch liest sich wie eine schier

unvorstellbare Erfolgsgeschichte, die es

erlaubt, der wachsenden Begeisterung

eines „deutschen Jungen“ und dessen

von Sieg zu Sieg größer werdenden All-

machtsfantasien zu folgen. „Habe die

Führerrede gehört. Wir werden den Krieg

gewinnen! Diese Zuversicht, die der Füh-

rer hat!“, heißt es am 24. Februar 1941.

Das gesamte Frühjahr war geprägt durch

den schnellen Vormarsch der deutschen

Wehrmacht auf dem Balkan. Entspre-

chend enthusiastisch fiel der Eintrag zum

20. April aus: „Führers Geburtstag! Heute

hat der Retter Deutschlands Geburtstag.“

Günther Roos und mit ihm der Groß-

teil der jubelnden Deutschen ahnten zu

diesem Zeitpunkt noch nicht, dass diese

so gefeierten Erfolge der Wehrmacht

lediglich der Vorbereitung eines weitaus

gewagteren Schrittes dienten, der zur Jah-

resmitte 1941 das Kriegsgeschehen in eine

gänzlich neue Dimension führen und die

Bevölkerung in einen Zustand von Unsi-

cherheit und Besorgnis stürzen sollte.

Er wuchs, das spürte Günther deutlich,

in einer ungewöhnlich ereignisreichen

Zeit auf, die keinen Raum mehr für Rück-

züge in die ehemals so geliebte kindliche

Spielwelt ließ. Das, was sich ereignete, war

wahrlich kein Spiel mehr und beeinträch-

tigte zusehends und auf beunruhigende

Weise auch das kleinstädtische Leben. Im

männlichen Bevölkerungsteil lichteten

sich die Reihen spürbar. Im Februar des

Jahres hatte Bruder Gustav, der dem Rat

seines Vaters zu einer Umgehung des

Wehrdienstes nicht gefolgt war, seinen

Einberufungsbescheid bekommen und

musste sein Architekturstudium in Han-

nover aufgeben. Auch Vater Toni war

wegen seiner Stationierung an der franzö-

sischen Kanalküste praktisch nicht mehr

in Brühl präsent. Anfang Mai machte

Günther seinem Ärger darüber, dass sich

das früher so wichtige Familienleben

praktisch in nichts aufgelöst hatte, im

Tagebuch Luft: „Wir haben jetzt schon

8 Tage nichts mehr von Gustav gehört.

Wo mag er sein? Vater ist auch seit Weih-

nachten nicht mehr hier gewesen. Er ist

jetzt schon seit Ostern am Kommen. Die-

se Woche soll er nun ganz bestimmt hier

ankommen. Hoffentlich! Ist das nun

nicht zum Kotzen? Das ist Krieg!“

In Brühl wurden ab Februar 1941 wie

in nahezu allen urban geprägten Gebie-

ten Westdeutschlands die Nächte immer

unruhiger und gefährlicher. „Ich lag

noch im Bett“, so notierte Günther am

17. Juni, „da hörte ich zwei Bomben ziem-

lich nah heruntersausen. Ich auf und in

den Keller. Ich saß gerade, da fing es an

zu zischen. Ein furchtbarer Knall. Das

Haus zitterte wie toll. Dann hörte man,

wie draußen Gemäuer zusammenfiel. Die

Flak schoss wie toll. Das Licht geht aus.

Wir sitzen im Dunkeln. Ist unser Haus

getroffen? [...] Als es etwas ruhig ist, ge-

hen wir heraus und hören, dass es auf

der Königstraße war. Wir hin. Es sieht

53 Ü Die Rede Adolf Hitlers am 30. Januar

154

1941: „Ein neues, starkes Volk wächst heran. Und ich bin dabei!“