Übeln befreit habe, könne nunmehr kei-
ne Fehlentwicklung mehr eintreten. Und
wenn diese Erklärungen nicht passten,
dann waren für Fehlentwicklungen ent-
weder die Nibelungentreue oder die edle
Gutgläubigkeit der Deutschen, die mit
der gleichen Anständigkeit auch beim
Gegner gerechnet hätten, der Grund. Ei-
nen besonderen Schwerpunkt im Ge-
schichtsunterricht bildeten natürlich die
Ostkolonisation und der Ritterorden, die
Befreiungskriege und die jüngste Ge-
schichte.
Ganz im Dienst der Weltanschauung
stand selbstverständlich der Biologieun-
terricht. Ausgiebig wurde die Vererbungs-
lehre behandelt und mündete schließlich
in Rassenkunde und Rassenhygiene. Aus-
führlich wurden ebenfalls die Erbkrank-
heiten und die Erbgesundheitsgesetze
durchgenommen. Zu diesem Thema gin-
gen wir auch einmal mit der Schule in
eine Ausstellung in der Karlshalle. Hier
wurden uns Bilder von dicken, sabbern-
den Idioten gezeigt. In Texttafeln wurde
beschrieben, welche Unmengen diese
Kreaturen täglich äßen, welch riesige
Summen die jährliche Pflege jedes Ein-
zelnen koste, und wie triebhaft sie seien.
Besondere Folgerungen wurden nicht ge-
zogen, lagen aber klar auf der Hand:
Wäre es nicht für alle Seiten besser, sie
wären tot? Ein Beispiel für die damalige
Argumentation ist ein Fragespiel aus
dieser Zeit: ‚Was ist das höchste Gebot
des Christentums?‘ – ‚Du sollst deinen
Nächsten lieben wie Dich selbst!‘ – ‚Das
Gebot der Nächstenliebe steht also über
allen anderen Geboten, also auch über
dem Gebot: Du sollst nicht töten?‘ –
‚Ja, sicher!‘ – ‚Wenn das so ist, erfülle ich
dann nicht Gottes Gebot, wenn ich aus
Mitleid und Nächstenliebe einen leiden-
den Menschen töte, um ihn von seinem
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Zeugnisse von Günther Roos.
Aufgrund der Reform des
höheren Schulwesens ver
änderte sich vom Schuljahr
1937/38 auf 1938/39 nicht
nur der Name der Schule,
sondern auch die Anordnung
und somit die Gewichtung
von Fächern.
Prägungen
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