Günther Roos erlebte nach eigenem Bekunden eine
überaus glückliche Kindheit. Die Gegend um die
Kurfürstenstraße, wo er ab 1929 aufwuchs, sei ein
„herrliches Spieleparadies“ gewesen, das kaum von
Autos beeinträchtigt worden sei. Stattdessen habe es
in der unmittelbaren Umgebung viel freies Feld ge-
geben, das zu Entdeckungen, Abenteuern und Spie-
len unterschiedlichster Art geradezu eingeladen
habe. „Alle Kinder aus der Kurfürstenstraße und
Königstraße bildeten unabhängig vom Alter eine
große Spielgemeinschaft“, wobei allerdings, so fügte
er einschränkend hinzu, die Kinder aus den wenigen
evangelischen Familien nur „geduldet“ worden seien.
Hätten die beim Spiel die Vorgaben der übermächti-
gen katholischen Mehrheit nicht akzeptiert, hätte
diese umgehend den Chor angestimmt: „Evangeli-
sche Ratten, in Zucker gebacken, in Mehl gerührt,
zum Teufel geführt.“ Dieses Liedchen, das im Übri-
gen von Heranwachsenden in evangelisch dominier-
ten Gegenden unter Austausch der Konfession in
gleicher Weise gesungen wurde, kann als kleiner Be-
leg für die tiefen Gräben dienen, die sich damals zwischen kon-
fessionellen, sozialen und politischen Milieus auftaten. Günther
und seine Spielfreunde werden das aber kaum so wahrgenom-
men haben. Sie spielten ihre den jeweiligen Jahreszeiten ange-
passten Spiele, unterhielten sich mit ungezählten Streichen, er-
kundeten die Gegend und erweiterten dabei ihren Aktionsradi-
us, ohne dabei wirtschaftliche Krisenerscheinungen und deren
Auswirkungen oder gar die politische Radikalisierung der Zeit
zu bemerken.
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Kindertreff bei Klugs auf
der Uhlstraße im Hof am
3. Mai 1931. V. l. n. r.:
Magadalene Reiners,
Gustav Roos, Kurt Klug,
Franz-Peter Reiners,
Günther Roos, Walter Klug
81 /
Das Brühler Jungvolk beim
Erntedankfest 1935
82 /
Gustav (links) und Günther
Roos am Brühler Schloss
mit Oma Josephine,
5. Oktober 1930
83/
Blick von der Königstraße in
die Kurfürstenstraße, 1934
Prägungen
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