blickte er nun in eine sehr ungewisse Zukunft, sondern voller
Optimismus. „Es war ein wunderbarer Jahreswechsel, wie ich
ihn mir schöner – und zeitgemäßer nicht vorstellen kann“,
schrieb er am 1. Januar. Er habe hierzu ja auch allen Grund ge-
habt, denn zwei jener Dinge, die er sich ein Jahr zuvor für 1947
gewünscht habe – „Gustav, Inge und Beruf“ –, habe ihm „das
Schicksal gewährt“. Das galt es nunmehr zu sichern. „Ich werde
versuchen, sie mit aller Kraft zu halten.“ Für 1948 wünschte sich
Günther daher neben der noch immer erhofften Rückkehr des
Bruders nur die Kraft, „um das, was mir vom Schicksal geboten
wurde, zu halten“. Sein Ideal stand ihm deutlich vor Augen:
„Inge und den Beruf. So gehe ich voll Hoffnung und Zuversicht
ins neue Jahr. Den Wechsel haben wir im Kuss verlebt. Ein Tag,
den ich nie vergessen werde!“
Hinter das berufliche und private Glück trat alles andere weit
zurück – sei es das Scheitern der Londoner Außenministerkon-
ferenz im Dezember 1947 und der damit verbundene endgültige
Bruch zwischen den USA und der Sowjetunion oder die durch
die Inaktivität von Vater Toni provozierte Kündigung der elter-
lichen Wohnung. „Meine neue Tätigkeit als Bauführer bei den
Westdeutschen Asphalt-Werken, die ich gestern angetreten habe,
gefällt mir tadellos. Ich glaube fest, dass es schon etwas für mich
ist. Ich werde mich jedenfalls kopfüber in die Arbeit stürzen.“
Die „große Politik“, über die er in den Jahren zuvor so gern und
oft großspurig schwadroniert hatte, spielte im Leben von
Günther Roos nun nur noch dann eine Rolle, wenn sie das neu
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Angestellte der Westdeutschen
Asphalt-Werke, 1947 (Günther Roos 3. v. l.)
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Erste Nachkriegsjahre: „Mein Ziel ist der Aufbau einer Existenz.“
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