23. Juni 1941 an Mutter Elisabeth:
„Na, ich möchte
Günther eines sagen: Einen solchen Marsch muss
er mitmachen, dann verzichtet er auf die Freiwillig-
meldung und macht sein Abi.
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Als wir nun in
Richtung Bug marschierten, kamen uns schon
lange Gefangenenzüge entgegen. Das ist also die
berühmte „rote Armee“. Sie sehen aus wie Idioten,
vertiert, schlecht ausgerüstet, Tartaren, Mongolen,
manche noch, wie man sie überrascht hatte, in
Nachthemden und Unterhosen. Toll sahen sie aus.“
30. Juni 1941 an Bruder Günther:
„Ja, mein Sohn, lass Dir eines von einem ganz alten Landser
sagen: Kampf ist schön! Aber das andere, ich nenne nur die Märsche, ist Scheiße!
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Dann tagelang nur wenige Stunden Schlaf, manchmal keine Verpflegung, ganz wenig
immer zu saufen, ja, das ist alles übel! Aber die Aussicht auf den Sieg und dann auf den
Frieden lässt uns auch das aushalten.
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Unsere Portionen sind ziemlich dünn. Für
3 Tage ein Kommissbrot und etwa 300 – 400 Gramm Wurst oder Käse. So sind wir auf uns
angewiesen. Und darum habe ich Russisch gelernt. Das heißt, mein Sprachschatz be-
steht aus 3 Worten: Milch, Butter, Eier. Mit diesen und einem Karabiner bewaffnet betrete
man ein Haus, und wenn sie etwas haben, haben sie zu geben. Meistens tun sie aller-
dings so, als ob sie nichts hätten. Dann wird gesucht. Die ersten Tage ist es mir schwer
gefallen, so etwas zu tun. Aber man muss; denn ohne zusätzliche Verpflegung käme man
auf den Hund. Ich mache es heute noch nicht gerne und versuche mit den Leuten
anständig umzugehen; Barbaren sind wir schließlich keine, trotzdem manche Kameraden
sich so benehmen. C’est la guerre!“
2. Juli 1941 an Vater Toni:
„Der Anmarschweg von Rozana, wo wir lagen, 12 km, war wohl
das Schrecklichste, was man sich denken kann. Kolonnen der Russen waren von unserer
Artillerie, Flak und Pak eingeholt und direkt beschossen worden. Die ganze Straße voll von
zerschossenen Wagen, Inhalt wahllos zerstreut, ausgebrannte Tanks, Tote, zum Platzen
aufgequollene Tierkadaver am Straßenrand, Trümmer von Dörfern, dann das Schrecklichste,
Hunderte tote Russen, zerschossen, zu Skeletten verbrannt, furchtbar stinkend, oft in
Haufen aufeinander. Wenn man diesen Weg gegangen ist, weiß man, was Krieg bedeutet,
und weiß, was ‚Heldentod‘ ist!
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Die Märsche sind, gerade um Mittag, eine Qual. Dann
fängt einer an, von Bier zu reden, ein anderer überlegt, was er um diese Zeit zu Hause
machte, besonders samstags hab’ ich immer
dr Möb
, wenn ich an zu Hause denke!! Na, alles
geht vorbei, auch dieser Feldzug!! Und dann wird wieder alles so sein, wie es früher war!!!!!“
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Gustav Roos,
Ende Juni 1941
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1941: „Ein neues, starkes Volk wächst heran. Und ich bin dabei!“