im „Apollo“-Kino stattfindenden Veranstaltungen marschiert sei-
en, um sich dort Propagandafilme anzusehen. Am 12. März 1940
besuchten die Brühler Gymnasiasten beispielsweise den Film
Feld-
zug in Polen
[
Ü
26]
, am 19. April 1941 dann folgerichtig den Propa-
gandastreifen
Sieg im Westen
[
Ü
27]
. Auch zu den „Jugendfilm-
stunden“ der HJ in Brühl gibt es Eintragungen im Ta-
gebuch: „Hatte um 1/2 9 Antreten. Haben den Film
‚Drei Unteroffiziere‘
[
Ü
28]
gezeigt bekommen“, notier-
te Günther am 5. November 1939. Als Jungvolkführer
begleitete er dann später die ihm unterstellten Einhei-
ten in diese HJ-Filmveranstaltungen, bei denen die
Brühler „Pimpfe“ am 12. Oktober 1941 beispielsweise
den Film
Trenck, der Pandur
und am 24. Mai 1942
Der
große König
[
Ü
29]
sahen. „Er war wunderbar“, heißt es
hierzu im Tagebuch, und als er den gleichen Film im
September 1942 während des Reichsarbeitsdienstes
(RAD) nochmals besucht hatte, bewertete er ihn dann
sogar als „überragend“.
In der Regel besuchte Günther Roos das Kino
aber privat, entweder allein oder mit Freunden,
wobei er – so zumindest seine 2008 geäußerte Mei-
nung – lieber Komödien und leichte Unterhaltungs-
filme gesehen habe als die von ihm schon im Tage-
buch oft als „Tendenzfilme“ bezeichneten Propagan-
dastreifen. Folgt man dessen Eintragungen, so zeigt
sich, dass der Heranwachsende zwar gern lustige
Filme sah, dass es aber auch viele andere Werke gab,
die ihn begeisterten und entsprechend beeinflusst
haben dürften.
Hurra, ich bin Papa
mit Heinz Rühmann fand er
„sehr gut“, und nach dem Besuch der Verwechslungs-
komödie
Sieben Jahre Pech
taten ihm „die Hüften
weh vom Lachen“. „Theo Lingen! Name bürgt für
Qualität.“ In
Hochzeitsreise zu dritt
– wieder mit
Theo Lingen – lachte sich Günther Roos „halbtot“
und auch in der Filmkomödie
Das Verlegenheitskind
wurde „viel gelacht“. Dabei erkannte er sehr wohl
den Ablenkungscharakter, der solchen Filmen beizu-
messen war. „Nachmittags war ich in dem Film ‚Wie-
ner Blut‘“, notierte der gerade 18 Jahre alt Gewordene
am 9. Juni 1942. „Es war sehr lustig. Das habe ich
nötig, denn ich brauche dringend Abwechslung, Abwechslung
vor dem Gespenst RAD.“ Tags zuvor war Günther Roos nämlich
auf dem RAD-Meldeamt in Köln mitgeteilt worden, dass er im
Juli zum Arbeitsdienst eingezogen würde. Außerdem hatte er bei
dieser Gelegenheit erstmals die gewaltigen Zerstörungen gese-
hen, die der „1 000-Bomber-Angriff“ am 31. Mai dort angerich-
tet hatte: „Es ist schrecklich. Dieses Bild des Grauens in Köln und
dazu der RAD. Solche Stimmung habe ich noch nie gehabt.“
Wie schmal der Grat zwischen reiner Unterhaltung und un-
terschwelliger Beeinflussung im Kino der NS-Zeit war, belegt
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Kinoplakat zum NS-Propagandafilm
Feldzug in Polen
, den Günther Roos
zusammen mit anderen Gymnasiasten
am 12. März 1940 als Schulfilm-
Veranstaltung sah
26 Ü Der Film: „Feldzug in Polen“ 27 Ü Der Film: „Sieg im Westen“ 28 Ü Der Film: „Drei Unteroffiziere“ 29 Ü Der Film: „Der große König“Günther Roos und die Medien seiner Zeit
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