So endete das Jahr 1941 für die Brüder
Roos sehr unterschiedlich. Hatten sie die
Neujahrsnacht 1940 noch gemeinsam
verbracht und sich dabei dauerhaften Zu-
sammenhalt geschworen, so lag Gustav
nun verwundet in einem Lazarett im pol-
nischen Radom und versuchte, seine an-
gesichts der erlebten Grausamkeiten in
arge Unordnung geratenen Gedanken
und sein gesamtes Weltbild zu ordnen. Er
war sichtlich im Kern erschüttert und
sicherlich auch traumatisiert, ohne in
dieser Hinsicht aber auf Hilfe hoffen zu
dürfen. Am 3. Januar 1942 schrieb er an
seine Eltern: „Ich zündete eine Kerze an
und schrieb. Zuerst Tagebuch. Ich rauch-
te und trank Likör, Rum und umgekehrt.
Um 10 gab es für mich keine Probleme
mehr. Was unseren Philosophen jahr-
hundertelang verborgen geblieben war,
mir machte es keine Schwierigkeiten
mehr. Aus Freude darüber trank ich die
Likörflasche ganz leer. Die Folge davon
war wieder, dass ich von der Philosophie
zur Sentimentalität wechselte. Ich ver-
goss heiße Tränen über mich und mein
hartes Schicksal und schrieb einen Brief
an Euch. (Ein Glück, dass er nicht fertig
wurde!) Kurz vor 11 verließen mich alle
Gedanken, ich legte mich aufs Bett.“
Gustav hatte wohl realisiert, dass er in
einer Zeit lebte, die nicht seinen inners-
ten Erwartungen und Hoffnungen ent-
sprach. „Ich will nicht herrschen, ich will
nicht dienen, aber frei will ich sein!!! Das
heißt, mir allein gehorchen und mich al-
lein beherrschen!“ Das war weder unter
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Auszug aus dem
Westdeutschen
Beobachter
zum „Gebietsführertreffen“
am 26. Oktober in der Kölner Messe
halle. Von ihm selbst später in der
Mitte blau eingekreist Günther Roos
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Weihnachts- und Neujahrskarte von
Gustav Roos an seine Eltern, 1941
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1941: „Ein neues, starkes Volk wächst heran. Und ich bin dabei!“
1941