schen Brüchermühle durchführte. Da
dies im Tagebuch des angehenden Jung-
volkführers Günther Roos mit keinem
Wort Erwähnung fand, ist anzunehmen,
dass er über eine etwaige Teilnahme auch
keinen Gedanken verloren hatte.
Unterbrochen wurde das kindliche
Idyll dann am 7. August 1939, als Günther
seine „erste große Reise“ nach Trier an-
trat, um gemeinsam mit Mutter Elisabeth
den dort beschäftigten Vater Toni zu be-
suchen. Er sei, so erinnerte er sich noch
Jahrzehnte später, von dieser Unterneh-
mung alles andere als begeistert gewesen,
weil er seine Zeit lieber weiterhin mit
Kurt in Brühl verbracht hätte. Durch die-
sen zweieinhalbwöchigen Trier-Aufent-
halt, den Günther vorwiegend mit Lesen
und Ausflügen in die Umgebung ver-
brachte, hatte er jedoch genau in der
„heißen“ Vorkriegsphase ausschließlich
Kontakt mit Erwachsenen, die als Mit
arbeiter der „Organisation Todt“ zudem
einen recht einseitigen Blick auf die Er-
eignisse gehabt und den mittlerweile
15-Jährigen entsprechend beeinflusst ha-
ben dürften. Überraschenderweise gibt
Günthers Tagebuch jedoch hierüber
kaum Auskunft, einzig der Hitler-Stalin-
Pakt war ihm eine kurze Erwähnung
wert: „Heute ist der Nichtangriffspakt
mit Sowjetrussland abgeschlossen worden.
Das Ganze klingt wie ein Witz.“
Kaum zurück in Brühl, widmete sich
Günther wieder intensiv dem Spiel mit
Kurt: „Morgens war ich bei Kurt. Habe
an unserem unterirdischen Lager weiter-
gebaut. Haben nachmittags im Garten
gearbeitet. Haben dann die Lichtleitung
für das Lager gelegt. Haben dann Kro-
cket gespielt.“ Erstmalig schloss ein sol-
cher sich auf Spiel und Freizeit beziehen-
der Tagebucheintrag mit einem ansatz-
weise politischen Zusatz: „Gibt es Krieg?
Man könnte es bald glauben.“ Und am
nächsten Tag kommentierte Günther:
„War morgens bei Kurt. War nachmittags
schwimmen. Haben abends ausländische
Nachrichten abgehört. Ob es Krieg gibt?
So hört man überall fragen. Ich glaube
nicht recht daran. Was will denn England
überhaupt?“
Die in solch „halbstarken“ Phrasen zum
Ausdruck kommende politische „Analyse“
scheint nicht recht zu den bisherigen Ta-
gebucheinträgen zu passen, die doch eher
kindliches Leben und Erleben schilder-
ten. Vieles von dem, was Günther Roos in
141 /
Zeltlager des Jungbanns 65
vom 26. Juli bis 8. August
1939 in Brüchermühle
142 /
Günther Roos (rechts) im
Garten der Familie seines
Freundes Kurt
143 /
Freunde von Günther im
Brühler Karlsbad
141
1939: „Es lebe Deutschland!“
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