Günther Roos wurde am 4. Juni 1924 in der elterlichen Woh-
nung in der Brühler Friedrichstraße geboren. Mit seinen Eltern,
dem 1895 geborenen Vater Anton und dessen gleichaltriger
Frau Elisabeth, sowie dem 1921 geborenen Bruder Gustav bilde-
te er eine typische Kleinfamilie, die zugleich aber in großfamiliäre
Strukturen eingebunden war. Da der Großfamilie für Günthers
weiteren Lebensweg wohl erhebliche Bedeutung zuzumessen ist,
soll sie hier kurz nachgezeichnet werden.
Väterlicherseits hatte Familie Roos ihre Wurzeln im württem-
bergischen Denkingen, von wo Günthers 1830 geborener Ur-
großvater Anton Ende der 1860er-Jahre ins Rheinland gezogen
und als Braumeister in die Schlossbrauerei in Brühl
eingetreten war.
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Bereits fünf Jahre später wurde es
ihm möglich, die örtliche „Vorgebirgsbrauerei“ zu er-
werben und unter seinem Namen erfolgreich fortzu-
führen. Als Anton Roos im November 1901 starb, galt
er als einer der wohlhabendsten und angesehensten
Brühler Bürger.
Seine Nachkommen konnten nicht an solche Er-
folge anknüpfen. Wohl auf Betreiben des 1859 gebo-
renen Sohnes Gustav wurde die einträgliche Brauerei
bereits am 8. Januar 1902 verkauft. Laut Familien-
überlieferung war Gustav – Günthers Großvater –
die mit der Leitung der Brauerei verbundene Arbeit
schlicht zu aufreibend. Er, der als „gutmütiger und
hilfsbereiter“ Mensch galt, der „oft seinen eigenen Nutzen sträf-
lich vernachlässigt“ habe, glaubte zudem, durch deren Veräuße-
rung zeitlebens über genug Geld für sich und seine Familie zu
verfügen und gesellschaftlich etabliert und sozial abgesichert zu
sein. Folge war ein wohl nicht ungefährlicher Hang zum Müßig-
gang, ein Charakterzug, der sich später auch – und nicht zu des-
sen Vorteil – bei seinem Sohn Anton, also Günthers Vater, wie-
derfinden sollte. Gustav, so hieß es in der Familie, habe „das
Leben und seine Genüsse“ geliebt und sei dabei „humorvoll und
lebenslustig“ gewesen. Sobald sich allerdings Dinge im privaten
oder geschäftlichen Umfeld nicht so entwickelten, wie er es er-
hoffte, entzog er sich ganz einfach allen Sachzwängen, gab sich
seiner offensichtlich ausgeprägten „Reiselust“ hin und „war
dann für einige Wochen aus dem täglichen Einerlei entschwun-
den“. Das einzige Geschäft, das Gustav Roos – wohl eher zum
Vergnügen denn zum Broterwerb – betrieb, war die beliebte und
von zahlreichen örtlichen Honoratioren besuchte Gaststätte
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Urgroßvater Anton Roos (1830–1901)
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Großmutter Josephine Roos,
geb. Klug (1869–19??)
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Großvater Gustav Roos (1859–1913)
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Der Brühler Markt mit der Gaststätte
„Zum Kurfürsten“, vor 1914
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Gustav und Josephine Roos vor
ihrer Gastwirtschaft „Zum Kurfürsten“
in Brühl, 1908
Die Großfamilie
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