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ein Mahl zu uns genommen. Mussten

nachmittags nach Knappsack Wein holen.

Haben auch eine Flasche getrunken. Ich

war mit Hugo Müller und noch einem.

Hugo war ziemlich besoffen.“ Das waren

also zunächst die Abenteuer, die der Krieg

für Hitlerjungen bereithielt.

Deutlicher bemerkbar machte sich das

kriegerische Geschehen hingegen im

schulischen Bereich. Aufgrund zahlrei-

cher Einberufungen von Lehrern und ent-

sprechendem Ausfall von Unterrichts-

stunden musste am Brühler Gymnasium

die gesamte Organisation umgestellt wer-

den. Nach dem Ende der kriegsbedingt

verlängerten Sommerferien wurde der Un-

terricht dort bis in den Februar 1940 hin-

ein schichtweise am Morgen und Nach-

mittag erteilt, was – zusätzlich zu dem

Ausfall vieler Fachlehrer – den Lernerfolg

nicht unerheblich beeinträchtigt haben

dürfte. Den weitaus meisten Schülern hin-

gegen dürften Lehrermangel und Unter-

richtsausfall gefallen haben. Günther

Roos jedenfalls kam nicht auf die Idee,

sich in seinem Tagebuch hierüber zu be-

klagen.

Ab der zweiten Oktoberhälfte warteten

ohnehin neue Aufgaben auf ihn. Nach-

dem der Beginn des Krieges auch in die

Reihen des Führerkorps der Hitlerjugend

große Lücken gerissen hatte, stieg Gün-

ther nur zwei Wochen, nachdem er zum

Hordenführer berufen worden war, am 19.

Oktober zum Jungenschaftsführer auf,

womit er nun erstmals auch eine der be-

gehrten „Führerschnüre“ – nämlich jene

in rot-weiß – tragen durfte. Mit der Be-

förderung waren jedoch auch konkrete

Organisationsaufgaben verknüpft. Bereits

am folgenden Tag holte er bei seinem

Vorgänger das „Jungenschaftsbuch“ ab,

worunter man sich wohl eine Liste von

rund 15 Mitgliedern mit deren Adressen,

Beitragszahlungen und Anwesenheiten

beim Dienst vorstellen muss. Leider sind

solche Dokumente aus dem Jungvolkall-

tag nicht überliefert, und auch Günther

Roos vermochte keine Angaben mehr

über deren genauen Inhalt zu machen.

Worin seine neuen Aufgaben vorwie-

gend bestanden, ist aber seinem Tage-

buch zu entnehmen. Noch am gleichen

Tag, an dem er vormittags das „Jungen-

schaftsbuch“ übernommen hatte, heißt

es: „War nachmittags in der Schule. Habe

danach meinen Jungen Bescheid gesagt

und Beitrag eingesammelt.“ Zum Dienst

wurde im Brühler Jungvolk also münd-

lich geladen, wobei er, so berichtete Gün-

ther Roos später, diese Gelegenheiten des

persönlichen Kontakts stets dazu genutzt

habe, die Eltern der „Pimpfe“ zu ermah-

nen, dass ihre Kinder regelmäßig zum

Dienst erscheinen würden. „Und das Ver-

wunderliche war, dass meine Ermahnung

von den Eltern ernst genommen wurde.“

Auch das war sicherlich eine Erfahrung,

die dem 15-Jährigen seinen persönlichen

Machtzuwachs durch das Einschlagen der

Führerlaufbahn deutlich vor Augen ge-

führt haben dürfte.

Aber trotz dieser ersten Erfahrungen

mit persönlicher Machtausübung war

Günther zunächst noch nicht bereit, seiner

in weiten Teilen noch kindlich geprägten

Welt vollends den Rücken zu kehren. Er

verließ deren beschützenden Rahmen zu

diesem Zeitpunkt offensichtlich nur dann,

wenn der Dienst im Jungvolk und insbe-

sondere der Kontakt mit anderen Führern

ein entsprechend „erwachsenes“ Verhalten

verlangten. Diese Verschränkung von

Kinder- und Jugendwelt lässt sich bei-

spielhaft an den Tagebucheintragungen

zwischen dem 25. und 29. Oktober 1939

ablesen. Trotz Beförderungen und Füh-

rerschulungen, trotz Kriegshilfsdiensten

und Alkoholgenuss mit „Kameraden“,

trotz voranschreitender Pubertät und

Kriegsgeschehen: Günther Roos versenk-

te sich auch zum Ende des Jahres 1939 im-

mer wieder – und wie es den Anschein

hat, auch sehr gern – in seine von Fern-

lenkauto und Stabilbaukasten bestimmte

Spielwelt. Er und mit ihm wohl viele sei-

ner Altersgenossen empfanden das da-

mals durchaus nicht als Widerspruch.

Die Ausweitung des Krieges im Herbst,

Winter und Frühjahr 1939/40 sollte für sie

dann aber doch den Beginn des (erzwun-

genen) Abschieds von einer bis dahin als

heil empfunden Welt mit sich bringen.

1939: „Es lebe Deutschland!“

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1939