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ihm darum auch ab und zu mal, wird

ihm gut tun“, schrieb Vater Toni an Gus-

tav unmittelbar nach dessen Übersied-

lung nach Niedersachsen. Und Günthers

Freund Kurt hatte nach einem kurzen

Aufenthalt in den Osterferien Brühl wie-

der verlassen. „Am 15. ist Kurt gekom-

men. Wir sind jetzt schon 10 Jahre

Freunde ohne Krach“, hatte Günther am

16. März noch in seinem Tagebuch geju-

belt und sich mit seinem Freund in den

Tagen darauf häufig zum Eisenbahn-,

Krocket- oder Wehrschachspielen, für

Radrennen oder Kinobesuche getroffen.

Doch das war am 15. April – erneut zeit-

gleich mit dem Abschied von Bruder

Gustav – vorbei: „Abends ist Kurt wegge-

fahren.“ Umso stärker engagierte sich

Günther nun wieder im Jungvolk und

suchte auch in der Freizeit immer enge-

ren Kontakt zu dessen Führerkorps. „Von

5 bis 8 Uhr war ich mit Peter Wieland

und anderen Kameraden vom Jungvolk

bei Klaphack kegeln“, lautete etwa der Ta-

gebucheintrag vom 21. April 1940.

Kriegseuphorie

Zu dieser Zeit wurde Günther – wie wohl

fast die gesamte deutsche Bevölkerung –

von Fragen und Erwägungen bezüglich

des weiteren Kriegsverlaufs umgetrieben.

„Der März ist gekommen. Ob er uns etwas

Neues bringt im Krieg gegen England

und Frankreich? Hoffentlich; er ist doch

der Monat der Überraschungen“, notierte

er am 9. März. Fast 40 Jahre später um-

riss er die damalige Stimmungslage fol-

gendermaßen: „Wir warteten alle darauf,

dass irgendetwas passiert. Der März war

ein besonderer Monat: 1935 allgemeine

Wehrpflicht, 1936 Rheinlandbesetzung,

1938 Anschluss Österreichs, 1939 Befrei-

ung des Sudetenlandes. Der Führer hatte

bestimmt auch dieses Jahr eine Überra-

schung für unsere Gegner parat.“ Plötz-

lich schien auf den so verehrten „Führer“

kein Verlass mehr zu sein, wie Günther

am 30. März seinem Tagebuch anvertrau-

te: „Dieser Monat hat uns schwer ent-

täuscht. Wir hatten alle auf etwas gehofft.

Der März ist doch der Monat der Überra-

schungen.“ Das, so seine Hoffnung, müsse

sich schnellstmöglich ändern: „Hoffent-

lich kommt bald etwas Schwung in den

Krieg!“

Adolf Hitler enttäuschte seinen begeis-

terten Anhänger nicht: „War morgens in

der Schule. In der Geschichtsstunde

kommt Frl. Kornacker verspätet herein

und ruft: ‚Unser Truppen marschieren in

Norwegen und Dänemark ein! Norwegen

widersetzt sich.‘ Wir sind alle platt. An

147 /

Gustav Roos als „Spring-

brunnenfigur“ im Brühler

Park, Frühjahr 1940

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1940: „Es ist bald wie im Märchen. Deutschland wird siegen!“

1940