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Der Protagonist

„Mit großer Anteilnahme“, so schrieb

Günther Roos im Dezember 1996 an den

seit 1981 in Deutschland lebenden russi-

schen Schriftsteller und Humanisten Lew

Kopelew, habe er dessen 1976 erschienene

Autobiografie „Aufbewahren für alle

Zeit!“ gelesen.

¹

Besonders tief habe ihn

dabei aus persönlichen Gründen dessen

„Abrechnung“ mit seiner kommunisti-

schen Vergangenheit bewegt: „Ihre Ver-

strickung in das kommunistische System

kann ich gut nachempfinden, da ich selbst

(Jahrgang 1924) in der Nazizeit unter einer

ähnlichen Diktatur aufgewachsen bin

und wahrscheinlich nur durch frühzeiti-

1 /

Nicht näher ge-

kennzeichneter

Zeitungsartikel

aus den Unter-

lagen von

Günther Roos

1

ge Einberufung zur Wehrmacht vor ver-

brecherischen Aktivitäten in der Partei

bewahrt wurde.“ Er habe Kopelews Erin-

nerungen daher „mit Respekt und auch

mit Beschämung gelesen“: „Respekt habe

ich vor Ihrer – entschuldigen Sie den pathe-

tischen Ausdruck – menschlichen Größe,

die hier durchscheint, und bin beschämt,

dass nicht ein einziger Deutscher nach

1945 den Mut aufgebracht hat zu bekennen:

Damals habe ich daran geglaubt, heute

weiß ich, dass es ein Irrweg war.“ Kope-

lews Autobiografie, so schloss Günther

Roos sein Schreiben, werde künftig „einen

Ehrenplatz in meinem Bücherschrank“

einnehmen.

Er beschränkte sich jedoch nicht auf

Worte, sondern ließ Taten folgen. Nach-

dem er bereits Ende der 1980er-Jahre be-

gonnen hatte, seine Kindheit und Jugend

aufzuarbeiten, ging er mit den dabei ge-

wonnenen Ergebnissen und Erkenntnissen

ein Jahrzehnt später in die Öffentlichkeit,

besuchte Schulen und hielt öffentliche

Vorträge. Dabei waren Günther Roos stets

zwei Aspekte besonders wichtig: zum einen

die schonungslose Aufdeckung und Er-

klärung der eigenen, überaus aktiven Rolle,

die er im NS-System gespielt hatte, zum

anderen aber auch die Erinnerung daran,

dass er nicht der Einzige gewesen war, der

Adolf Hitler begeistert und gläubig gefolgt

war. „Manchmal meine ich, Hitler und

ich waren die einzigen Nazis – alle anderen

waren Widerstandskämpfer in diesem

Land!“, äußerte er anlässlich eines öffent-

lichen Vortrags über „Meine Erziehung

zum Nationalsozialisten“ gegenüber der

Presse und beantwortete die an ihn ge-

richtete Frage, wie er denn „die Kurve zu

seiner heutigen liberalen Einstellung“ be-

kommen habe: „Das war ein langer und

schmerzlicher Weg.“

²

Für ihn, so erklärte er, habe das Leben

unter dem NS-Regime keinerlei Einschrän-

kungen oder gar Gefahren für Leib und

Einleitung

Einleitung

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